Diverse Szenen aus Zerberus

Nach Streit Laura – Mark (Waffe in Jacke ) Ausnahmsweise hatte Mark seine Gefühle noch nicht im Griff als er sein Handy nahm und Svens Nummer wählte. Statt sich mit einer Begrüßung aufzuhalten, fuhr er ihn aufgebracht an. „Hast du herausgefunden, was hinter der Sache mit Lauras Wagen steckt?“ Sekundenlang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Ich freue mich, auch von dir zu hören Ich habe das bisher als dummen Streich eingeordnet. Gibt es irgendwelche Hinweise darauf, dass mehr dahinter stecken könnte?“ „Ich kümmere mich selbst darum …“ Mark trennte die Verbindung, überlegte kurz und wählte dann die nächste Nummer. *** Fassungslos starrte Sven auf sein Telefon, bevor er Dirk ansah. „Was ist mit Mark los? Ich glaube, ich bin hier im falschen Film.“ Ehe Dirk sich eine diplomatische Antwort überlegt hatte, klingelte das Handy von Jake. Dieser warf einen kurzen Blick aufs Display und stöhnte auf. „Na, dann bin ich jetzt wohl dran.“ Jake hörte kurz zu und deutliche Verwirrung zeigte sich auf seinem Gesicht. „Klar, mach ich. Aber, wieso …?“ Er verzog das Gesicht. „Vergiss, dass ich es gewagt habe, zu fragen, Captain.“ Anscheinend folgte noch ein weiterer Kommentar von Mark, denn Jakes Gesicht wirkte jetzt eisig. „Aye, Sir.“ Kaum hatte Jake sein Handy zurückgelegt, warf Dirk seinem eigenen einen misstrauischen Blick zu. „Also gut, wenn meins jetzt klingelt, gehe ich nicht ran. Ich denke, es reicht für den Moment, dass er sich mit euch Beiden angelegt hat. Worum ging es?“ „Ich soll veranlassen, dass Laura rund um die Uhr bewacht wird.“ Dirk versuchte in der Anweisung einen Sinn oder Zusammenhang zu ihrem Auftrag zu sehen, gab es aber schnell auf. „Warum?“ Mit einem spöttischen Grinsen hielt Jake ihm sein Handy hin. „Hier. Ruf ihn an und frag. Mir hat er es jedenfalls nicht verraten.“ *** Müdigkeit und Ärger über die Verschwiegenheit des eigenen Mannes waren keine gute Voraussetzung, um mit einem ebenfalls müden Kind einzukaufen. Genervt bückte Alex sich und hob das Paket Nudeln auf, das ihr Sohn aus den Einkaufswagen heraus geworfen hatte. „Tim, nun lass das endlich“, befahl sie gereizt und erreicht nur, dass ihr Sohn sie mit zitternder Unterlippe ansah. „Ich dachte, du hättest dich im Urlaub erholt?“ Alex erkannte die Stimme sofort und drehte sich lächelnd um. „Habe ich auch, aber diese dämliche Zeitverschiebung sollte man abschaffen und Männer gleich dazu. Wieso arbeitest du nicht?“ Lächelnd umarmte sie ihre Freundin Natascha Berg, die ihre Umarmung herzlich erwiderte und sie dann prüfend musterte. „Weil auch Staatsanwälte ein Recht auf Urlaub haben. Muss ich mir wegen dir und Dirk Sorgen machen? Ich habe schon überlegt, ob er ausziehen will.“ Erstaunt blinzelte Alex. „Wie kommst du auf die Idee? Nein, nur der normale Ärger.“ Tim streckte verlangend die Hände nach seiner Patentante aus, lächelnd erfüllte sie ihm den Wunsch und nahm ihn auf den Arm. „Dirk hat mich angerufen und das Haus von unsern Nachbarn gegenüber gemietet. Auf eine Begründung hat er verzichtet und war ziemlich kurz angebunden. Ich hatte ernsthaft überlegt, ob ihr habt Krach habt und er ausziehen will.“ Alex war so überrascht, dass sie tatenlos zusah, wie Tim trotz Nataschas Bemühungen, dies zu verhindern, nach einigen Packungen Nudeln in dem Regal griff und sie fröhlich lachend auf den Boden schmiss. „Er hat was?“ Schmunzelnd setzte Natascha Tim zurück in Einkaufwagen und machte sich daran, das Chaos zu beseitigen, das ihr Patensohn angerichtet hatte. „Und wann hat er das getan?“ Alex war so verblüfft, dass sie nicht einmal daran dachte, Natascha zu helfen. Mit gerunzelter Stirn blickte Natascha zu ihr auf. „Unsere Nachbarn sind für mindestens ein Jahr in Australien sind und haben keine Mieter für ihr Haus gefunden haben. Dirk hat mich angerufen, mich gebeten, den Kontakt herzustellen und ein gutes Wort für ihn einzulegen. Habe ich auch alles brav gemacht und es hat geklappt. Er hat das Haus bekommen, leider weiß ich nicht wofür und du anscheinend auch nicht. Aber ich will wissen, wer da jetzt wohnt und zwar schnell.“ Alex fischte eine kleine Tüte Gummibärchen aus ihrer Jackentasche und drückte sie ihrem Sohn in die Hand. „So, jetzt in aller Ruhe. Wieso funkelst du mich so wütend an und wann hat Dirk das gemacht? Heute Morgen?“ „Nein, vorgestern.“ „Vorgestern …“, wiederholte Alex nachdenklich, allmählich ahnte sie die Zusammenhänge. „Und wieso willst du wissen, wer da jetzt wohnt?“ Natascha verzog das Gesicht, als ob sie in eine Zitrone gebissen hätte. „Frag lieber nicht. Verrat mir lieber, wo Dirk vorgestern war. Du siehst aus, als ob du wüsstest, was da vor sich geht.“ „Wissen ist zuviel gesagt. Also? Wen oder was hast du gesehen?“ „Zur Straße hin stehen riesige Lebensbäume und versperren die Sicht fast vollkommen. Aber ich habe einen schwarzen Mercedes Kombi gesehen und wenig später hat mir ein Typ aus ungefähr zwei Meter Höhe freundlich zugenickt, aber kein Wort gesagt.“ „Zwei Meter? Ziemlich muskulös und kurze rotbraune Haare?“ „Du kennst ihn?“ „Ja, ich glaube schon, aber wieso hat der dich geärgert?“ „Nicht der, der andere. Wesentlich kleiner, blaue Augen und richtige rote Haare. Es ist noch keine Stunde her, dass der Kerl Joggen war und meinte, mich auslachen zu müssen. Lachen? Er schien vor unterdrücktem Lachen fast zusammen zu brechen. Ich will wissen, wer das ist!“ Obwohl Alex sich immer noch über ihren Mann und Mark ärgerte, musste sie über Nataschas beleidigte Miene lachen. „Ehe ich dir verrate, wer das ist, will ich wissen, warum er dich auslachen sollte.“ Nataschas Blick wurde mörderisch. „Wahrscheinlich hättest du auch gelacht. Ich war eine Runde Nordic Walken und er hat mich kurz vorm Ende überholt, sodass ich noch sehen konnte, dass er zu unseren neuen Nachbarn gehört.“ „Also ich verstehe ihn wirklich, die Vorstellung, wie du mit den Stöcken rumfuchtelst, ist herrlich. Ich kann Pat gut verstehen.“ „Wer ist der Kerl?“ Natascha betonte jedes Wort überdeutlich und sah aus, als wenn sie das Ganze kein bisschen komisch finden würde. „Ich schlage vor, wir trinken bei uns zuhause in Ruhe einen Kaffee, dann erzähle ich dir alles, was ich über Pat weiß und wer sein Boss ist. Das hier ist der falsche Ort dafür.“ Nataschas Ärger wurde von Verwirrung abgelöst, bis sie plötzlich nickte. „Mark, oder?“ „Richtig“, bestätigte Alex, da ihre Freundin den SEAL kannte und wusste, für wen er arbeitete. Alex schob den Einkaufswagen weiter und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. „Wir Frauen sind wirklich dämlich. Da warnen die Kerle mich für mit keinem Wort vor, dass die nächsten Tage oder Wochen unser Gäste- und Arbeitszimmer wahrscheinlich ständig belegt ist und ich habe nichts Besseres zu tun, als mir über unsere Cola- und Pizzavorräte Gedanken zu machen. Irgendwas stimmt mit uns Frauen nicht, ich sollte sie eher umbringen und zwar schön langsam, zumindest Dirk, Mark und Jake.“ „Stimmt, aber mit der Ankündigung fällt die Strafe zu hoch aus, das nennt sich Vorsatz und was hast du jetzt vor?“ „Pizza, Chips und Cola kaufen, was sonst“, knurrte Alex. Lachend nickte Natascha. „Dachte ich mir, aber eins noch: Wie heißt der Rothaarige?“ Nach einem schnellen Blick über die Schulter beugte sich Alex vor. „Chief Petty Officer Patrick O’Reilly, genannt Pat“, erklärte sie Natascha leise. Die Augen ihrer Freundin begannen rachsüchtig zu funkeln und Alex bekam Mitleid mit Pat. Diesmal hatte der Ire sich die falsche Frau zum Ärgern ausgesucht. „Dirk ist mit ihm halbwegs befreundet und ich mag ihn, also lass ihn bitte leben.“ *** Treffen Natascha & Pat Zufrieden blickte Natascha aus dem Fenster. Die Sonne strahlte mit dem blauen Himmel um die Wette und sie hatte noch über drei Stunden Zeit bis zu ihrem Gerichtstermin. Der ideale Tag, um noch etwas für die Fitness zu tun. Jetzt musste ihr nur noch dieser ‚Pat’ über den Weg laufen und ihre Stimmung wäre trotz der vor ihr liegenden langweiligen Gerichtsverhandlung gerettet. Sie war knapp einen Kilometer unterwegs, als sie schnelle Schritte hinter sich hörte. So viele Jogger nutzten diese Strecke über kleine Feldwege, entlang von Knicks nicht. Ein Blick über die Schulter verriet ihr, dass der Jogger unterwegs war, mit dem sie gerechnet hatte. Sie sah, wie sich seine Mundwinkel nach oben bogen und seine Augen sie frech anblitzten. Wie erwartet überholte er sie und hob im Vorbeilaufen lediglich grüßend die Hand, während alles an ihm sie auszulachen schien. Sie blieb stehen und holte tief Luft. „Was ist an meiner Sportart eigentlich so witzig, Chief Petty Officer O’Reilly?“, fuhr sie ihn auf Englisch in dem Ton an, den sie sonst für ihre Angeklagten reserviert hatte. Zufrieden sah sie, wie Pat aus dem Rhythmus kam und abrupt stehen blieb. Er drehte sich zu ihr um, jede Spur von Belustigung war aus seinem Gesicht verschwunden, stattdessen blickte er sie ausdruckslos an, während sie ihn jetzt spöttisch angrinste. Langsam kam er auf sie zu. „Wer sind Sie?“ „Jemand, der es nicht mag, ausgelacht zu werden.“ „Das ist keine Antwort. Woher wissen Sie, wer ich bin?“ „Ich habe Mittel und Wege, so etwas herauszufinden, Chief.“ Natascha genoss den Ausdruck von Ratlosigkeit auf seinem Gesicht. Anscheinend hatte er keine Ahnung, was er jetzt tun sollte. Sehr schön, so hatte sie sich das vorgestellt. Sie warf einen schnellen Blick zurück, um sicher zu gehen, dass sie weiterhin alleine waren. „Ein äußerst seltener Anblick: ein ratloser SEAL. Das gefällt mir, daran könnte ich mich gewöhnen. Da es aussieht, als ob Ihnen das Lachen vergangen wäre, sind wir jetzt quitt. Schönen Tag noch.“ Sie wollte an ihm vorbeigehen, aber er vertrat ihr den Weg und hielt sie am Arm fest. „Nicht so schnell, bevor ich nicht weiß, wer Sie sind und woher Sie meinen Namen kennen, gehen Sie nirgends hin.“ „Loslassen. Das wäre Freiheitsberaubung und ich glaube nicht, dass Mark es schätzen würde, wenn ich Sie ins Gefängnis bringe.“ „Mark?“ Nichts verriet, dass er den Namen kannte, aber wenigstens ließ er sie los. „Captain Mark Rawlins, US Navy SEALs und Ihr Boss. Ich dachte, sie würden seinen Namen kennen, Chief.” „Sie kenne ich jedenfalls nicht und die meisten, die von unserer Anwesenheit wissen, gehören nicht zu unseren Freunden. Also? Wer sind Sie?“ Allmählich begann Natascha sich unwohl zu fühlen, sie verstand seine Sorge und seufzte, als ihr bewusst wurde, dass der Spaß ein Ende hatte. „Dirk hat mich von Little Creek aus angerufen und ich habe Ihnen das Haus vermittelt, in dem Sie wohnen. Außerdem kenne ich Mark gut genug, um zu wissen, dass er ein SEAL ist und bin mit Dirk, Alex und Sven befreundet. Alex wusste sofort, wer sie sind, als ich mich bei ihr über einen rothaarigen Jogger beschwert habe, der vorübergehend im Haus gegenüber wohnt. Reicht das?“ Augenblicklich zeigte sich wieder Pats freches Grinsen. „Nein, der Name fehlt noch. Vergiss den Chief, Pat reicht.“ Lachend nahm Natascha ihre Stöcke in eine Hand und schlug in seine ausgestreckte Hand ein. „Natascha.“ „Die Retourkutsche ist dir gelungen. Aber du weißt schon, dass es ziemlich witzig aussieht, wie du hier herumläufst?“ „Kann schon sein, aber mir bringt es Spaß. Es kann ja nicht jeder durch die Gegend rennen, wie ihr das tut.“ „Dann lasse ich es eben heute etwas langsamer angehen. Lust auf Begleitung?“ „Aber immer.“ *** Einsatzplanung SEALs „Vermutlich wird die Hemmschwelle größer sein, zwei LKA-Mitarbeiter und einen SEAL umzulegen, als wenn du da alleine auftauchst, also spar dir die Diskussion, Mark.“ Pat erschien im Wohnzimmer, die roten Haare noch feucht vom Duschen und beendete die Diskussion wirkungsvoll. Obwohl der Ire Dirks letzte Worte bestimmt mitbekommen hatte, verkniff er sich ausnahmsweise einen Kommentar und setzte sich ruhig an sein eigenes Notebook. „Wir diskutieren das später. Rufst du Natascha an und fragst, wann sie Zeit für uns hat?“ Statt Dirk übernahm Pat die Antwort: „Die ist den Rest des Tages am Gericht.“ Ratlos sah Mark Pat an, der angeblich konzentriert auf seinen Bildschirm sah. „Und woher willst du das wissen, Pat?“ „Weil sie es mir gesagt hat.“ Offenbar hatte der Ire nicht vor, ihm zu verraten, wieso er Natascha kannte und über ihre Pläne Bescheid wusste, allmählich wünschte sich Mark einen Hindernisparcours direkt hinterm Haus. Der Gedanke hätte was. „Dann verschieben wir das eben auf heute Abend.“ „Müssen wir nicht, wir können ins Gericht fahren und Natascha ein Zeichen geben, sie kann jederzeit eine Verhandlungspause beantragen und wird schon wissen, dass wir dort nicht zum Spaß auftauchen“, wandte Dirk vor. „Gut, dann machen wir das so. Lass uns nach Hamburg fahren, aber nimm dein Notebook mit, falls sie irgendetwas genau wissen will.“ „Mark? Kann ich mitkommen? Hier liegt nichts weiter an.“ Mark ließ seinen Blick zwischen Pat und Dirk hin und herwandern. „Und mich freiwillig euren Sprüchen aussetzen? Ich muss verrückt sein, aber meinetwegen.“ Fox kehrte zurück und musterte sie der Reihe nach. „Schön, dass ihr euch anscheinend geeinigt habt. Eine Sache noch, Mark.“ Den formellen Gesichtsausdruck kannte er nur zu gut, übertrieben stöhnte Mark auf. „Was ist denn noch?“ „Nur fürs Protokoll und um Missverständnisse von vorneherein auszuschließen. Da Rage als Teamchef noch nicht wieder dabei ist, ist er kein Problem, aber Dell ist länger als Jake dabei. Wir brauchen eine klare Ansage von dir, dass Jake weiter das Kommando hat.“ „Blödsinn, das ist doch selbstverständlich“, mischte sich Dirk ein. Tief durchatmend verbarg Mark sein Grinsen. Die Gelegenheit war perfekt. „Ist es nicht, Dirk. Wenn zwei Teams zusammenarbeiten macht es manchmal durchaus Sinn, dass die Teamführung neu definiert wird In diesem Fall halte ich einiges davon, wenn nach mir der ranghöchste Offizier das Kommando übernimmt, zumal ich mich einige Zeit nicht direkt einschalten kann.“ Schlagartig war es so ruhig in dem Raum, dass das Surren von Marks Notebook bereits störend auffiel. Jakes Gesicht zeigte kurz einen undefinierbaren Ausdruck, bevor er seine Gefühle erfolgreich hinter einer neutralen Maske verbarg. Fox und Pat wirkten völlig fassungslos. „Das soll wohl ein Scherz sein. Spinnst du?“, fuhr Dirk ihn aufgebracht an. „Pass auf, wie du mit mir redest, Dirk.“ „Von wegen, du solltest dein Kommando wegen geistiger Umnachtung komplett an Jake übergeben, wenn du ernsthaft vorhast, diesen Dell Jake vorzuziehen“, schoss Dirk sofort zurück. „Dirk, lass es gut sein, ich kann damit leben“, bemühte sich Jake, Dirk zu beruhigen. „Ich aber nicht, Jake.“ Anscheinend hatte Mark bei Dirk einen Nerv getroffen, sein sonst eher ruhiger Freund sah aus, als ob er jeden Moment einen Wutanfall bekäme, der Svens in nichts nachstand. Mark bekam mittlerweile erhebliche Schwierigkeiten, seine gleichgültige Fassade aufrechtzuerhalten. „Geistige was? Hm, das ist heftig. Also, Dirk, wo genau ist dein Problem?“ Statt ihn wie erwartet anzubrüllen, wirkte Dirk plötzlich nachdenklich. „Ich hätte ein ziemliches Problem damit, wenn du Jake übergehst. Aber ich denke, das ist dir klar, oder?“ „Sicher.“ Mark ahnte, dass Dirk ihn durchschaut hatte oder zumindest ahnte, worauf es hinauslief, während Fox und Pat ihn weiter anstarrten und Jakes Miene absolut ausdruckslos blieb. „Mark? Ich hatte keine Ahnung, was ich mit meinem Hinweis anrichte. Ich wollte nur …“ Hilflos brach Fox ab und strich sich unsicher über die kurzen Haare. Mark grinste bei dem Anblick breit. Der Spaß hatte lange genug gedauert, aber er konnte nicht leugnen, dass er die Revanche für das vorige Verhalten seiner Männer und Freunde außerordentlich genossen hatte. „Keine Angst, Fox. Das Gespräch wäre sowieso fällig gewesen und ansonsten empfehle ich euch, richtig zuzuhören. Ich habe mit keinem Wort gesagt, dass Jake nicht das Kommando hat.“ Verständnislos sah Jake ihn an. „Was meinst du? Fox hat Recht, Dell ist länger als ich Lieutenant.“ „Das mag sein, wenn wir mitten im Einsatz sind, müssen die Formalitäten eben warten, aber auch wenn die Papiere und deine neuen Streifen noch in Little Creek liegen, bist du seit dem ersten April Lieutenant Commander. Glückwunsch, Commander.“ In Jakes Gesicht arbeitete es heftig, ehe er aufstand und in Marks ausgestreckte Hand einschlug. Immer noch ungläubig schüttelte er den Kopf. „Darf man als Commander seinen Captain ungestraft Scheißkerl nennen?“ „Wenn er es verdient hat schon. Ich denke, dies könnte hier der Fall sein.“ Jake setzte zu einem angetäuschten Boxhieb an, umarmte stattdessen Mark kurz aber fest. „Scheißkerl. Dein Sinn für Humor ist abartig.“ Pat schlug Jake kräftig auf die Schulter. „Scheiße und so was mitten im Einsatz. Dann feiern wir das eben hinterher.“ „Davon kannst du ausgehen“, schloss sich Fox an. Dann war Dirk an der Reihe und umarmte Jake ebenfalls. „Bin ich froh, dass ich Mark keine Vernunft einzuprügeln brauche. Einen Augenblick lang habe ich das fast befürchtet.“ *** Gerichtsszene Dirk ignorierte das Schild ‚Einsatzfahrzeuge’ und parkte direkt neben dem Gerichtsgebäude. Ehe er ausstieg, legte er einen Ausdruck mit der Aufschrift ‚LKA Hamburg’ und einem Wappen ins Fenster. Während sein Freund neugierig den dunkelblauen BMW auf dem nächsten Parkplatz musterte, besah sich Mark das Schild genauer. „Woher stammt das?“ „Aus Svens Computer. Hast du eine Vorstellung davon, wie die Parkplatzsituation in Hamburg aussieht? Da haben wir zur Selbsthilfe gegriffen und das klappt immer. Willst ausgerechnet du mir etwas über Regeln und Vorschriften erzählen?“ Dirk wartete keine Antwort ab, sondern deutete auf den Wagen, dessen Lack in der Sonne glänzte. „Dafür hat es sich gelohnt, den alten gegen den Baum zu setzen. Eine deutliche Verbesserung in allen Bereichen, alleine der Motor hat Einiges mehr zu bieten.“ Mark erkannte denselben Ausdruck hinter der Frontscheibe und ahnte, dass sie vor Svens neuem Fahrzeug standen, aber im Moment interessierte ihn das Gerichtsgebäude mehr. Der Altbau war beeindruckend, und Pat musterte bereits fasziniert die Erker, filigrane Figuren und gemauerte Vorsprünge. „Pat, wir sind hier nicht zum Sightseeing.“ „Schon klar, Mark. Aber das Ding hat was.“ „Wartet, bis ihr drinnen seid. Kein Vergleich zu dem tristen Bürogebäude, in dem die Staatsanwaltschaft untergebracht ist, oder einigen anderen Gerichten.“ Dirk hatte ihnen nicht zuviel versprochen, Pat blieb mitten im Foyer, das einer Halle glich, stehen und sah sich um. Gewundene Holztreppen führten in den ersten Stock, ein Kronleuchter hing von der mit Stuckelementen verzierten Decke, während facettenreiche Holzvertäfelungen an den Wänden das Bild perfekt abrundeten. „Genial, oder? Die alten Kaufleute in der Hansestadt wussten schon, wie man vernünftig lebt.“ Ein leiser Pfiff erklang, der nicht im Geringsten zur Respekt einflößenden Umgebung passte. An der Brüstung im ersten Stock stand Sven und winkte ihnen zu. „Schade, dass einige Besucher sich nicht angemessen benehmen können“, stellte Dirk lächelnd fest. Eigentlich hatte sich Dirks Kommentar auf Sven bezogen, aber im nächsten Moment, blickten sie überrascht nach oben. Ein junger Mann rempelte Sven im Vorbeilaufen so kräftig an, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte, und stürmte die Treppe herunter. Der Jugendliche war mit einer weißen Jacke zu einer weiten Tarnhose bekleidet, die ihm tief auf der Hüfte hing, eine dicke Kette an der die übergroße Nachahmung einer militärischen Erkennungsmarke hing baumelte in Bauchnabelhöhe. Während Pat ungläubig das Outfit betrachtete, erschien Natascha gefolgt von zwei uniformierten Polizisten an der Brüstung im ersten Stock. Die Staatsanwältin lehnte sich weit über das Geländer und winkte ihnen zu. „Haltet den Kerl auf.“ Der Flüchtende schien von ihrer Gegenwart nicht besonders beeindruckt zu sein. Da sie zwischen ihm und der Flügeltür standen, die nach draußen führte, nahm er sie notgedrungen zur Kenntnis. „Aus dem Weg!“, fuhr er sie an. Mark zuckte nur mit den Schultern. „Sicher. Pat, Dirk lasst ihn durch, er scheint es eilig zu haben.“ Grinsend traten Pat und Dirk so zur Seite, dass zwischen ihnen ein Durchgang entstand. „Na also.“ Kaum war der Mann auf einer Höhe mit Pat, streckte der SEAL ein Bein aus und der Mann landete völlig perplex bäuchlings auf dem Boden. „Schade, ich dachte, ich hätte das Vergnügen.“, stellte Dirk bedauernd fest und pfiff leise durch die Zähne, als der Mann sich hoch rappelte, ein Klappmesser aus der Hosentasche hervorzog und mit einer routinierten Bewegung öffnete. „Wollte Ihr Witzfiguren Ärger haben? Aus dem Weg jetzt. Sofort.“ Drohend schwenkte er das Messer durch die Luft. Mark runzelte die Stirn. „Hat er mich gerade Witzfigur genannt?“ Die Aufmerksamkeit des Mannes konzentrierte sich sofort auf ihn. „Hast du ein Problem damit?“ „Eigentlich nicht. Typen, wie du, können mich nicht beleidigen, aber meine Begleiter haben etwas dagegen, wie du mit mir sprichst. Du solltest lieber das Messer fallen lassen.“ „Und wieso sollte ich das tun?“ „Sieh dich doch um.“ Gehorsam befolgte der Mann seine Aufforderung und holte scharf Luft, als er sah, dass Dirk und Pat sich wieder zwischen ihm und dem Ausgang befanden und ihre Pistolen auf ihn gerichtet hielten. Er öffnete den Mund und vergaß ihn zu schließen. Dann schien er einen Ausweg entdeckt zu haben und wich einen vorsichtigen Schritt zurück, blieb aber wie angewurzelt stehen, als er mit dem Rücken gegen die Mündung von Svens Walther stieß. „Ich mag es nicht, wenn man mich anrempelt“, teilte ihm der LKA-Beamte freundlich mit. Das Messer weiterhin fest umklammert, drehte sich der Mann einmal langsam im Kreis, dann erinnerte er sich offenbar daran, dass Mark unbewaffnet war. Wieder schwenkte er das Messer in Marks Richtung und starrte dann ungläubig auf die Sig Sauer, die jetzt ebenfalls auch auf ihn gerichtet war. „Das ist nicht fair“, beschwerte er sich, woraufhin Dirk und Pat gleichzeitig zu lachen anfingen. „Wer seid ihr?“ Mark hob arrogant eine Augenbraue. „Witzfiguren?“ „Ich Ich wollte nur schnell …“ Der Mann geriet ins Stottern, blickte wild um sich und sank in sich zusammen als er bemerkte, dass sich jetzt auch Natascha und die Polizisten näherten, die das Schauspiel bisher aus sicherer Entfernung aber deutlich amüsiert verfolgt hatten. „Auf die Toilette?“, bot Pat dem Mann hilfreich an. „Oder vielleicht deine Freundin anrufen, dass du die nächsten Jahre keine Zeit für sie haben wirst?“ Dirk grinste den Mann freundlich an. „Oder vielleicht einen Benimmkurs belegen? Schluss jetzt, Messer fallen lassen, aber ein bisschen plötzlich, bevor ich die Geduld verliere.“ Entschieden machte Sven dem Theater ein Ende, was Pat und Dirk mit deutlichem Bedauern quittierten. Pat musterte ihn noch einmal von oben nach unten. „Ich möchte zu gerne wissen, warum er solche Klamotten trägt. Ich meine, ganz normal kann das doch nicht sein, oder?“ Während die Polizisten dem Mann Handschellen anlegten, zwinkerte Natascha Pat zu. „Was hast du gegen Tarnhose und Hundemarken, Pat?“ „Nichts, nur der Typ, der sie trägt, gefällt mir nicht.“ „Mir auch nicht, als ihm im Gerichtssaal klar geworden ist, wie wenig ich von ihm halte, ist er lieber abgehauen.“ Natascha war nicht entgangen, dass Mark reichlich irritiert zwischen ihr und Pat hin und herblickte. Ein amüsiertes Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie ihn begrüßte. „Hey, Mark, ausnahmsweise ratlos? Du weißt doch sonst alles.“ Wenigstens wirkte Sven ebenfalls verwirrt, lediglich Dirk schien nicht überrascht zu sein und wusste offensichtlich, woher die Beiden sich kannten. Nachdem die Polizisten sich für ihre Hilfe bedankt hatten und sich in dem Glauben verabschiedet hatten, dass sie alle zum LKA gehörten, führte Natascha sie in ein Zimmer im ersten Stock, in dem ein schlichter Tisch und einige Stühle standen. „Ich habe eine Unterbrechung von dreißig Minuten beantragt. Reicht das?“ „Das hängt von dir ab.“ Offensichtlich hatte Natascha seine Anspielung richtig gedeutet. „Du meinst, wie lange es dauert, bis ich tue, was du von mir willst? Du weißt hoffentlich noch, dass es so etwas wie Gesetze gibt.“ „Sicher.“ „Ich meine damit auch, dass man sich daran halten sollte.“ „Sicher.“ „Mark, wenn du jetzt noch deine Augenbraue hochziehst, dann …“ „Dann was? Steckst du mich ins Gefängnis? Ich dachte, das hatten wir schon.“ Schmunzelnd lenkte Natascha ein. „Danke für eure Hilfe gerade eben. Der arme Kerl. Ich hatte fast Mitleid mit ihm, dass er ausgerechnet euch in die Hände läuft. Das war filmreif, Pat.“ Langsam wurde Mark wirklich neugierig, was zwischen der Staatsanwältin und seinem Chief ablief. Dann wurde Natascha ernst. „Aber nun würde ich gerne wissen, worum es geht und setzt euch gefälligst hin, ich habe keine Lust die ganze Zeit zu euch aufzublicken, nur weil ihr ein paar Zentimeter größer seid.“ Lächelnd betrachtete Mark die Staatsanwältin, die sich einen der Stühle auf der anderen Seite des Tisches genommen hatte. Mit dem schwarzen Talar, aus dem lediglich ein weißer Blusenkragen hervorblitzte, zu einer schwarzen Jeans wirkte Natascha professionell und streng, obwohl ihre grünen Augen ihn freundlich anblickten und der offizielle Eindruck durch die zerzausten rotbraunen Locken gemindert wurde. Hoffentlich blieb das so, er hatte wenig Lust, mit ihr aneinander zu geraten. „Wenn ich dich so ansehe, wünschte ich mir fast, meine Uniform zu tragen.“ „Als ob du die brauchst. Was kann ich tun?“ „Ich brauche einen Durchsuchungsbeschluss für die Elbvilla von Konsul von Ehlersleben.“ Sekundenlang starrte Natascha ihn an, als ob er einen Scherz gemacht hätte, dann dämmerte es ihr, dass er es ernst meinte. „Wieso?“ „Wenn ich dir sämtliche Verbrechen aufzählen soll, für die er verantwortlich ist, reichen deine dreißig Minuten nicht. Ich versuche es mit der Kurzfassung: Er steckt hinter der Entwicklung, Produktion und des versuchten Vertriebs eines neuen Giftgases. Das Ganze wäre ein Millionengeschäft geworden, wenn wir ihm nicht dazwischen gekommen wären. Um das Ganze zu schützen, ist er über Leichen gegangen. Hinzukommt noch, dass er auf deutscher und amerikanischer Seite Leute in einflussreichen Positionen sitzen hat, sodass wir nicht ohne weiteres an ihn rankommen.“ „Kannst du deine Behauptungen beweisen?“ „Teilweise. Mit einem guten Anwalt würde er uns in der Luft zerreißen, für eine Anklageerhebung reicht es nicht. Ich will nur etwas in der Hand haben, um ihn dazu zu zwingen, mit mir zu reden.“ „Mark meint, mit uns zu reden. Wir, also Dirk und ich, wollen ihm einen Besuch abstatten und damit er uns nicht die Tür vor der Nase zuschlägt, brauchen wir den Durchsuchungsbeschluss. Und vielleicht sind wir bereit, Mark mitzunehmen“, ergänzte Sven und warf Mark einen drohenden Blick zu. „Mir wäre es auch neu, dass amerikanische Navy-Offiziere mit solchen Beschlüsse losziehen dürfen. Aber bevor ich irgendetwas unternehme, möchte ich ein paar Einzelheiten hören. Was habt ihr?“ Dirk schaltete sein Notebook ein und rief die Übersicht mit dem Firmengeflecht auf. „Wir haben eindeutige Beweise, dass die Firma VirTech für die Produktion des Giftzeugs verantwortlich ist und obwohl der Konsul versucht hat, seine Beteiligung zu verbergen, haben wir nachgewiesen, dass hohe Summen von der Firma an ihn gehen. Das Ganze ist gut gemacht, aber nicht gut genug.“ „Ist das alles?“ „Reicht das nicht?“ Dirk sah Natascha erstaunt an. „Für einen Durchsuchungsbeschluss schon, aber mir nicht. Haltet ihr mich für so naiv, dass ich euch abnehme, dass ihr nur mit dem Konsul reden wollt? Was habt ihr vor?“ Dirk verzog das Gesicht und Mark merkte deutlich, dass sein Freund Probleme hatte, seine freundliche Miene beizubehalten, rasch übernahm er selbst die Erklärung. „Lass uns erstmal bei der Frage bleiben, was wir gegen ihn für Beweise haben. Wir wussten, dass es in Little Creek und hier in Deutschland eine undichte Stelle gibt. Ehlersleben kennt meinen Namen und weiß, dass ich hier mit meinem Team im Einsatz bin, damit steht seine Verwicklung eindeutig fest. Er steht in Verbindung zu Kranz und steckt zumindest als Mitwisser hinter einem Mordanschlag auf den Sohn von Laura Kranz. Zusätzlich haben wir die Aussage eines seiner Männer, die sämtliche unserer Vermutungen bestätigt.“ „Was für ein Anschlag? Und was für ein Mann? Vor wem hat er ausgesagt? Wie hieß die Firma? VirTech? Das ist doch dieser Laden, der gerade in Ahrensburg in die Luft geflogen ist. Hast du etwa …?“ Obwohl er damit gerechnet hatte, dass Natascha nicht schnell nachgeben würde, gefiel ihm nicht, wie detailliert die Staatsanwältin nachfragte. Ihm war nur zu bewusst, wie dicht sie sich an der Grenze der Legalität bewegt hatten. Nun ja, eigentlich hatten sie die Grenze bereits überschritten. Ehe er sich entschieden hatte, übernahm Sven die Antwort: „Mark hat mit der Fabrik nichts zu tun. Ein Auftragskiller war auf den Jungen von Laura angesetzt, Mark ist dazwischen gegangen, hat einiges abbekommen und lag zu dem Zeitpunkt noch im Krankenhaus und ...“ Erschrocken unterbrach Natascha Sven. „Wie geht es dir?“ „Gut genug, um die Sache zu Ende zu bringen. Ausruhen kann ich mich später. Wie sieht es aus? Was willst du noch wissen?“ „Ich habe mich noch nicht entschieden. Was ist mit dem Mann, der für den Konsul gearbeitet hat?“ Wieder übernahm Sven die Antwort. „Er hat seine Aussage vor mir, Dirk, Mark und Jake gemacht, ich denke, dass reicht. Wir haben ihn laufen gelassen.“ „Ihr habt … was?“ „Wieso nicht? Er hat uns geholfen, einige entscheidende Hinweise geliefert und rechtzeitig aufgehört, ehe er eine gravierende Straftat beging.“ Mark hatte Mühe, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten, als Sven Brownings Taten dermaßen beiläufig abtat. Natascha ließ ihren Blick misstrauisch zwischen ihnen hin und herwandern. „Das Ganze läuft doch wieder darauf hinaus, dass ihr denkt, das Gesetz gilt für euch nicht und ihr könnt hier Cowboy und Indianer spielen.“ „Wenn das so wäre, würden wir kaum versuchen, einen offiziellen Durchsuchungsbeschluss zu bekommen, oder?“ Die Staatsanwältin ignorierte Dirks scharfen Kommentar. „Wer weiß von euerm Einsatz?“ „Die, die es unbedingt wissen müssen, und denen wir vertrauen können.“ „Danke, Sven. Geht es etwas genauer?“ „Reicht dir Tannhäuser?“ Er reichte der Staatsanwältin sein Handy. „Ruf ihn an. Er ist über alles informiert. Das Ganze ist eine Gemeinschaftsaktion der US Navy und des LKA im Rahmen der Terrorbekämpfung.“ „Gut, aber dennoch gefällt mir die ganze Sache nicht. Ihr plant keine normale Durchsuchung, sonst würde Mark nicht auf die verrückte Idee kommen, da alleine aufzutauchen. Was habt ihr vor?“ Mark biss frustriert die Zähne zusammen, entschloss sich dann für die Halbwahrheit. „Ihn aus der Fassung bringen, Beweise sichern, ihn festnehmen, an seine Helfer rankommen.“ „Indem ihr vorne klingelt und um Einlass bittet?“ Zu Marks Überraschung war es nicht Sven, sondern Dirk, der die Geduld verlor und Natascha aufgebracht anfuhr: „Was erwartest du eigentlich noch? Sonst beschwerst du dich darüber, dass Mark, Sven und ich uns nicht an die Gesetze halten und jetzt schaltest du hier auf stur. Ist dir nicht klar, was wir riskieren, indem wir versuchen, vorzugehen, wie das Gesetz es verlangt? Dort reinzugehen, ihn festzunehmen und vor ein Gericht zu stellen? Glaubst du nicht, dass der deutschen und amerikanischen Regierung unsere Beweise reichen, um den Konsul endgültig aus dem Verkehr zu ziehen? Vielleicht sogar ein Interesse daran haben, dass niemals herauskommt, dass ein hochrangiger Verfassungsschützer, ein amerikanischer Senator und jemand bei der US Navy in diese Affäre verwickelt sind? Bist du wirklich so naiv, dass du nicht darauf kommst, was die Alternative zu unserem Vorgehen ist? Ich bin erstaunt, dass Mark überhaupt die Erlaubnis bekommen hat, sein Leben und das seiner Männer aufs Spiel zu setzen, wenn eine Kugel aus sicherer Entfernung das Problem auch beseitigen könnte.“ Unheilvolle Stille breitete sich in dem Raum aus. Natascha wich Marks Blick aus, gab sich dann einen Ruck und sah ihn wieder direkt an. „Ich bin nicht ganz so naiv, wie Dirk vermutet, sondern wollte nur sicher gehen, dass du nicht mit meiner Hilfe an den Konsul rankommen willst, um ihn auszuschalten. Woher soll ich wissen, wie deine Befehle lauten?“ Dirks Gesicht wirkte kühl und unnahbar, als er sich wieder an Natascha wandte. „Du solltest Mark wirklich besser kennen, als ihm zuzutrauen, dass er dich dermaßen ausnutzt. Verdammt noch mal, Natascha, wofür hältst du uns eigentlich? Mark und Pat sind Scharfschützen, sie hätten keine Probleme den Konsul aus einer Entfernung von sechshundert oder tausend Metern abzuknallen. Wofür sollten sie dich brauchen? Wenn ich auf fünfzig Meter an ihn rankommen würde, könnte und würde ich das selbst übernehmen, ehe er straffrei davon kommt und weiter macht. Du hast nicht die geringste Ahnung, was hier vor sich geht, spielst dich trotzdem zur Richterin über uns auf, obwohl wir mehr als genug in der Hand haben, um diesen lächerlichen Durchsuchungsbefehl zu bekommen. Wir sind nur deshalb zu dir gekommen, um auszuschließen, dass der Konsul vorgewarnt wird, aber dies hier ist keine deiner sonstigen Diskussionen mit Mark, hier geht es um mehr.“ Aufgebracht sprang Natascha mit deutlich geröteten Wangen auf und blickte Dirk wütend an. „Weißt du eigentlich, was du da gerade gesagt hast? Du bist Wirtschaftsprüfer und angeblich bereit, einen Mann zu erschießen, weil du ihn nicht vor Gericht bringen kannst?“ Dirk sprang ebenfalls sichtlich erregt auf, behielt jedoch seinen eisigen Ton bei. „Angeblich? Täusch dich da besser nicht. Bei diesem Fall haben so viele Leute die nationale Flagge hochgehalten. Warum sollte ich das nicht zur Abwechslung auch tun? Warum sollten wir den Amerikanern die Drecksarbeit überlassen? Jetzt setzt dich wieder hin und ich erzähle dir ein paar Details, die Sven und Mark netterweise ausgelassen haben.“ Mark erschrak bei Dirks Worten, zweifelte jedoch keine Sekunde daran, dass sein Freund tatsächlich bereit wäre, den Konsul zu erschießen. Langsam ahnte er, was Sven und Dirk gemeint hatten, als sie ihm angedroht hatten, sich selbst, um den Konsul zu kümmern. In Dirks Augen lag eine eisige Drohung, die anscheinend auch Natascha nicht verborgen blieb, widerspruchslos setzte sie sich wieder hin. „Die Giftgasproduktion ist ein dermaßen lohnendes Geschäft, dass selbst steinreiche Männer wie der Konsul verführt werden, dort mitzumischen. Als sie mit ihrem Teufelszeug zufrieden waren, haben sie es an einem SEAL-Team im Irak getestet. Du kannst es als genialen Werbeschachzug oder perfekten Marketingschachzug bezeichnen, mit dem ihren Abnehmern die Wirksamkeit bewiesen werden sollte. Kranz wusste von der ganzen Sache und hat versucht, Informationen gegen seine Freiheit einzutauschen. Als der Konsul davon erfuhr, wollte er Kranz und Laura so einzuschüchtern, dass niemand es wagen würde, ihn und das Gas in Verbindung zu bringen. Ihm war völlig egal, dass Laura gar nicht wusste, worum es ging. Einem Partner von Ehlersleben gingen die Einschüchterungsversuche nicht weit genug und er hat einen Auftragskiller auf Nicki angesetzt. Das Ganze ging schief, weil Mark sich dazwischen geschmissen hat und die Kugel abgefangen hat, dabei fast gestorben wäre. Soviel zu dem Mann, den du hier mit einem gewissenlosen Killer gleichsetzt.“ Nataschas Blick irrte zu Mark, sie wirkte verunsichert, kam aber nicht dazu, etwas zu sagen, weil Dirk noch nicht fertig war. „Der Konsul hat einen Helfer beim Verfassungsschutz. Ein Agent der Behörde wurde auf uns angesetzt und sollte uns mit allen Mitteln stoppen. Es war reines Glück, dass Stephan Sven kannte und gemerkt hat, dass etwas nicht stimmte, sodass wir mittlerweile zusammenarbeiten, genauso gut hätten wir uns wie geplant gegenseitig umbringen können. Zwei Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sind kaltblütig erschossen worden, Stephan konnten wir in letzter Sekunde retten, Jake wäre fast drauf gegangen, weil seine Tarnung durch die undichte Stelle in Amerika aufgeflogen war. Es gab keinen Grund, ihn umzubringen, trotzdem haben sie es versucht. Gestern dasselbe mit Sven. Alles nur, damit wir endlich aufgeben. In Ahrensburg, direkt vor meiner, vor unserer Haustür, lag deren Forschungslabor. Mark hatte mit der Explosion in der Fabrik nichts zu tun. Ich schon. Willst du mich jetzt festnehmen lassen?“ Dirk wartete wieder keine Antwort ab, sondern sprach weiter. „Ich habe mich letztes Jahr dafür entschieden, mit Mark zusammen zu arbeiten, statt nur meinen Job als Wirtschaftsprüfer zu machen, du weißt, wie das geendet hat. Ich würde mich jederzeit wieder so entscheiden und arbeite deshalb weiter fürs LKA und ich warne dich, wage es niemals wieder Sven, Mark oder einen anderen, der sein Leben im Kampf gegen diese Verbrecher einsetzt, dermaßen ungerecht anzugehen. Wir gehen manchmal unsere eigenen Wege, dazu stehe ich und es ist für mich in Ordnung, solange diese zum Ziel führen, und die verdammten, gewissenlosen Scheißkerle von der Bildfläche verschwinden.“ Die Augen der Staatsanwältin blitzten zornig, als sie Dirk sofort Kontra gab: „Meinst du nicht, dass du zu sehr nach dem Motto ‚Der Zweck heilig die Mittel’ vorgehst? Wer gibt dir das Recht, dich als Richter aufzuspielen? Außerdem stellst du es dir zu leicht vor, einen Menschen zu töten. Dazu wärst du nie in der Lage, dafür kenne ich dich zu lange und zu gut und vergiss nicht, dass du weder SEAL noch Polizist bist.“ „Du kennst mich überhaupt nicht. Nimm die Scheuklappen ab und sieh dich um, in was für einer Welt wir leben. Immer kommt man nicht mit deinen dämlichen Gesetzen und Vorschriften weiter. Nur weil wir seit Jahren befreundet sind, verzichte ich darauf, dir zu sagen, wo du dir den Durchsuchungsbeschluss hin stecken kannst. Ich brauche den nicht. Niemand von uns braucht den.“ Dirk stand auf und verließ grußlos das Zimmer. Sven fuhr sich durch die Haare und atmete tief durch. „Großartig, Natascha. Deine Meinung von uns ist wirklich unbeschreiblich. Genau das hat uns nach den letzten Tagen und Nächten noch gefehlt. Hast du nicht zugehört und begriffen, dass wir uns nicht auf die Behörden verlassen können, sondern nur auf uns selbst? Und ausgerechnet das stellst du in Frage? Du hast nicht das Recht, dir ein Urteil über uns oder unsere Methoden anzumaßen, wenn du nur Bruchteile kennst.“ Pat ging ebenfalls zur Tür, drehte sich aber noch einmal zu Natascha um. „Tut mir Leid, wenn ich dich auch korrigieren muss. Aber du scheinst Dirk nicht besonders gut zu kennen. Er hat drei Männer getötet, um mir das Leben zu retten. Er weiß genau, was es heißt, abzudrücken. Keiner von uns nimmt die Verantwortung leicht, eine Waffe zu tragen, aber anders geht es nun mal nicht. Mal sehen, ob ich ihn auf andere Gedanken bringen kann.“ Erstaunen, gefolgt von tiefer Nachdenklichkeit zeigte sich auf Nataschas Gesicht, dann wandte sie sich an Mark. „Du hast als Einziger bisher nichts gesagt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich denke, das haben die drei schon erledigt. Sicher bin ich nicht begeistert darüber, was du mir unterstellt hast und ich höre von dir nicht zum ersten Mal, dass ich oder jetzt wir uns als Richter aufspielen. Du kennst meine Meinung dazu und hast heute einen tieferen Einblick in unseren Job bekommen, als ich dir jemals gewährt hätte, aber vielleicht verstehst du uns dadurch besser. Glaubst du, wir bewegen uns gerne im rechtsfreien Raum? Ich kenne deinen Standpunkt dazu, aber wenigstens für mich und meine Männer, was diesmal auch Sven und Dirk einschließt, kann ich dir versichern, dass wir uns unserer Verantwortung bewusst sind und nicht leichtfertig damit umgehen. Dirk würde heute nicht mehr leben, wenn ich mich letztes Jahr stur ans Gesetz gehalten hätte, denk mal darüber nach. Außerdem bin ich kein Schuljunge, der deine Belehrungen braucht, sondern Captain der US Navy SEALs. Glaubst du die amerikanische Regierung vertraut mir leichtfertig und lässt mir soviel Spielraum? Ich vermute, du hast keine Vorstellung davon, wieweit meine Kompetenzen reichen, ist vielleicht auch besser so.“ Natascha nickte langsam. „Es tut mir wirklich Leid, das ich dir unterstellt habe, du würdest mich ausnutzen, um an den Konsul heranzukommen. Grundsätzlich habt ihr mich schon richtig verstanden, aber es war nicht so hart gemeint. Teilweise kann ich euch verstehen, auch wenn ich es nicht richtig finde. Ich glaube, wir werden in diesem Punkt nie einer Meinung sein.“ Sie zuckte mit den Schultern und wechselte dann das Thema. „Der zuständige Richter ist garantiert kein Freund von dem Konsul oder korrupt. Ich kümmere mich darum, das ihr den Beschluss bekommt.“ „Danke.“ Mark stand auf und wusste nicht, was er noch sagen sollte. „Wir sehen uns“, meinte er schließlich, während er den Raum verließ. Vor der Tür sah ihm Dirk bereits wesentlich entspannter entgegen und hob sofort abwehrend die Hände. „Sag nichts, Mark, schon klar. In Zukunft beherrsche ich mich besser. Schieb es auf die zu kurze Nacht oder meinen Partner. Vielleicht haben dessen Wutanfälle abgefärbt.“ „Hey, dir geht’s wohl zu gut“, wehrte Sven sich sofort. Das lockere Geplänkel konnte weder über Dirks Anspannung noch Svens Ärger hinwegtäuschen, aber es brachte nichts, das Thema weiter zu vertiefen. „Vergiss es. Ich kann dich verstehen. Bis morgen früh lassen wir es ruhiger angehen. Viel mehr können wir im Moment nicht tun.“ Als es am frühen Abend klingelte, ging Alex schnell zur Haustür und war nicht überrascht, Natascha sichtlich verlegen vor sich zu sehen. „Das kann ich jetzt gebrauchen.“ Natascha nahm Alex die Bierflasche aus der Hand und sofort einen tiefen Schluck. Spöttisch verfolgte Alex die Aktion. „Musst du dir Mut antrinken, bevor du dich unter die Augen der Männer traust?“ „So ungefähr.“ „Behalt die Flasche, ich hole mir eine Neue. Du kannst dich beruhigen: Sven ist bei Britta, Mark wollte mit Laura spazieren gehen oder wohl eher Joggen, nur Jake und Dirk sind da, spielen aber mit Tim im Garten.“ Natascha folgte ihr zum Kühlschrank. „Du weißt, was heute los war?“ „Nein, nicht im Detail. Nur, dass ihr aneinander geraten seid, weil du mit ihrem Vorgehen nicht einverstanden warst, und dass du Mark mal wieder völlig falsch eingeschätzt hast.“ „Na, dich brauche ich nach deiner Meinung ja nicht zu fragen.“ Alex schlug die Kühlschranktür so heftig zu, dass irgendetwas im Inneren bedrohlich klirrte. „Nein. Ich vertraue Mark und den anderen in dieser Hinsicht bedingungslos. Ich weiß, was sie riskieren und wie sie ticken. Ganz im Gegensatz zu dir anscheinend. Nur weil ich Sven im richtigen Moment abgepasst habe und durch einige aufgefangene Gesprächsfetzen, habe ich mir zusammengereimt, warum Dirk kaum schläft obwohl er völlig fertig ist. Keiner von ihnen steckt es leicht weg, wenn sie gezwungen waren, jemanden zu töten. Egal, was du von ihnen glaubst.“ Natascha ging zurück in den Flur, drehte geistesabwesend ihre Bierflasche in der Hand und blickte durch das offene Wohnzimmer hinaus in den Garten, wo Dirk zusammen mit Jake und Tim einem Stoffball hinterher jagten, lautes Gelächter drang bis an ihre Ohren. „Hättest du gedacht, dass Dirk dazu fähig ist?“ „Ja.“ „Ich nicht. Wenn ich mir die beiden ansehe, wirken sie so … normal.“ „Hast du gedacht, sie laufen hier mit Gewehren in der Hand rum?“ Bevor Natascha antworten konnte, wurde die Haustür geöffnet wurde. Noch im Windfang begann Laura sich bei Mark zu beschweren. „Du hast von spazieren gehen geredet, nicht vom Joggen. Dazu bist du noch nicht wieder fit genug.“ „Ich bin nicht fit genug? Du schnaufst wie eine alte Lokomotive. Sei froh, dass ich nicht mit Dirk zusammen gelaufen bin. Dann wäre ich schon seit einer halben Stunde zurück.“ „Wie ist eigentlich die Handynummer von Doc? Du sollst dich noch schonen.“ „Dann solltest du vielleicht nicht mehr hier übernachten.“ „Du bist …“ „Ein SEAL?“ „Nein, ich dachte eher an unverbesserlich, stur, dickköpfig …“ Mit einem leisen Lachen zog Mark Laura in den Arm, sein warmer Blick kühlte merklich ab, als er Natascha erblickte, begrüßte sie aber dennoch freundlich und stellte sie Laura vor. Natascha wirkte reichlich verdutzt, als sie bemerkte, in welcher Beziehung Mark und Laura zu einander standen und brachte nur eine knappe Begrüßung zustande. Als sich ein ungemütliches Schweigen ausbreitete, griff Natascha in ihre Jacke und holte einen Umschlag hervor. „Hier ist das, was du haben wolltest.“ Mark nickte und sah sie eindringlich an. „Gib das jemandem vom LKA, nicht mir. Schon vergessen? Ich bin Amerikaner.“ „Ich brauche deinen dezenten Hinweis nicht, um zu wissen, dass ich noch mit Dirk reden muss. Geht es dir besser, wenn ich mich bei dir offiziell entschuldige?“ „Nein, ich kann mit deiner Meinung über mich leben, aber du solltest sehen, dass du die Sache mit Sven und Dirk in Ordnung bringst, bevor eure Freundschaft ernsten Schaden nimmt.“ „Das ist mir klar, aber ich will, dass du weißt, dass mir die Unterstellung Leid tut. Ich hätte wissen müssen, dass ich in diesem Punkt falsch liege.“ Natascha warf Laura einen entschuldigenden Blick zu. „Schließlich hast du Kranz auch keine Kugel in den Kopf gejagt.“ Mark sah Natascha ausgesprochen spöttisch an. „Und was sagt dir das?“ Natascha warf ihm einen aufgebrachten Blick zu. „Eigentlich ist dein Ego schon groß genug. Aber bitte schön. Ich weiß, dass du ein ausgeprägtes Ehrgefühl hast. Zufrieden? Trotzdem hätte es ja sein können, dass deine Befehle dich dazu zwingen.“ „Befehle, die ihm nicht gefallen oder seinen Moralvorstellungen widersprechen, ignoriert er einfach, auch wenn ihn das irgendwann seinen Rang kosten wird. So gut solltest du ihn kennen. Ich sage nur Befreiung eines deutschen Wirtschaftsprüfers statt Festnahme eines Al-Quaida-Chefs.“ Jake ignorierte Natascha nach seiner eisigen Bemerkung und wandte sich an Mark. „Bleibt es beim vereinbarten Zeitplan, Captain?“ „Sicher. Wieso?“ „Weil Dirk und ich Durst haben.“ Jake ging zum Kühlschrank und kehrte mit zwei Flaschen Jever zurück. „Und was ist mit mir?“ „Ich dachte, du behältst lieber einen klaren Kopf, solange du mit der Gesetzeshüterin sprichst, nicht dass wir dich noch aus dem Knast holen müssen. Ansonsten weißt du, wo der Kühlschrank steht.“ Bei der erneuten Anspielung verzog Natascha missmutig das Gesicht. „Danke, Jake. Langsam reicht es. Mehr als mich zu entschuldigen, kann ich nicht, oder? Außerdem habe ich dir doch gar nichts getan.“ Jakes Blick war genauso eisig wie sein Tonfall. „Du hast wirklich nichts verstanden. Wir arbeiten als Team zusammen. Was du ihnen vorgeworfen hast, fällt auf mich genauso zurück. Ich weiß nur noch nicht genau, was ich in deinen Augen bin: Ein gewissenloser Killer oder ein hirnloser, schießwütiger Cowboy.“ Nataschas Augen blitzten so zornig, dass Alex befürchtete, der Streit könnte endgültig eskalieren. Aber statt sich zu einer sofortigen Antwort hinreißen zu lassen, nahm die Staatsanwältin einen Schluck Bier, ehe sie Jake nicht minder kalt ansah. „Auf ‚hirnlos’ können wir uns problemlos einigen, Cowboy. Ich gebe zu, dass ich ungeschickt vorgegangen bin: Falscher Zeitpunkt, falsche Art und Weise. Verdammt, ich wollte nur verhindern, dass ihr ernsthaft mit dem Gesetz in Konflikt geratet, mehr nicht. Aber langsam reicht es mir mit euch. Muss ich euch erst daran erinnern, dass Mark letztes Jahr fast im Gefängnis gelandet wäre?“ Alex verkniff sich schnell ein Grinsen, als ihre Freundin geschickt darauf hinwies, dass sie es gewesen war, die Mark geholfen hatte, einer Anklage wegen seines Rachefeldzugs gegen Kranz zu entgehen. Erleichtert sah sie, dass auch Jakes Mundwinkel kurz zuckten. Dennoch hob er arrogant eine Augenbraue. „Hirnlos?“ „Jetzt weiß ich, warum du Marks Stellvertreter bist. Du bekommst die Sache mit der Augenbraue fast so gut hin, wie er. Wahrscheinlich lernt ihr das während der SEAL- Ausbildung.“ „Hast du dich auf dem Weg in die Küche verirrt, Jake? Oder wieso dauert das solange?“ Dirks Grinsen verschwand schlagartig, als er mit Tim an der Hand aus dem Wohnzimmer kam und Natascha ansah. Sein Blick fiel auf den Umschlag und er hob demonstrativ eine Augenbraue. „Durchsuchungsbeschluss oder Haftbefehl?“ Natascha schnaubte empört. „Wenn ihr so weiter macht, dann …“ Der Rest ihrer Drohung ging in dem Freudenschrei des kleinen Jungen unter, der sich begeistert auf seine Patentante stürzte. Alex musterte ihren Mann misstrauisch und erkannte trotz seiner ausdruckslosen Miene das amüsierte Funkeln in seinen Augen. Natürlich hatte er schon vorher mitbekommen, dass Natascha hier war und deren letzte Worte garantiert gehört. Sie blickte Laura kopfschüttelnd an. „Wir müssen Natascha unbedingt Nachhilfe geben, wie man mit diesen Kerlen fertig wird.“ Laura verstand sofort, was sie meinte, denn sie blickte demonstrativ Richtung Küche. „Vielleicht solltest du ihr für den Anfang eine Bratpfanne holen. Ich vermute, Lisa braucht die bei Jake regelmäßig und das fehlt ihm. Und du benimmst dich jetzt gefälligst, Mark.“ Beleidigt verzog Mark das Gesicht. „Moment, ich habe überhaupt nichts gesagt.“ „Brauchst du auch nicht. Es reicht, wenn du mit dieser arroganten Miene hier herumstehst. Wieso trägst du sonst eine Uniform? Selbst in deinen Sportklamotten wirkst du wie ein Offizier.“ „Liegt vielleicht daran, dass ich einer bin.“ Als Mark sie betont unschuldig ansah, funkelte Laura ihn wütend an. Unbeeindruckt beugte er sich vor und küsste sie zärtlich auf den Mund. Dirk sah Natascha abwartend an, die Tim auf den Boden setzte, aber schwieg und ihn weiter nachdenklich anblickte. Schulter zuckend nahm er Jake eine der Bierflaschen aus der Hand und machte Anstalten, zurück ins Wohnzimmer zu gehen. „Dirk, warte. Ich hatte eigentlich gedacht, wir würden allein miteinander reden. Aber gut, ich bleibe bei meiner Meinung und weigere mich entschieden, mit euch über staatlich sanktionierte Mordaufträge oder Methoden, die außerhalb des Gesetzes stehen, zu diskutieren, aber ansonsten traue ich eurer Einschätzung. Ich helfe euch, soweit ich es verantworten kann. Ich kenne Svens Vergangenheit und weiß, ungefähr welche Jobs die SEALs erledigen, aber ich hatte gedacht, dass du beim LKA mit Sven zusammen harmlose Wirtschaftssachen bearbeitest. Ich war völlig überrascht, als du deine Waffe gezogen hast. Als Pat dann erwähnte, dass …“ Dirk nickte. „Lass uns das Thema im Moment nicht weiter vertiefen. Jake und ich könnten eine Ruhepause vertragen. Willst du mit Tim diesen dämlichen Stoffball hinterher jagen? Und erkläre Mark endlich, woher du Pat kennst, sonst landen wir wirklich noch auf dem Hindernisparcours.“
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Diverse Szenen aus

Zerberus

Nach Streit Laura – Mark (Waffe in Jacke ) Ausnahmsweise hatte Mark seine Gefühle noch nicht im Griff als er sein Handy nahm und Svens Nummer wählte. Statt sich mit einer Begrüßung aufzuhalten, fuhr er ihn aufgebracht an. „Hast du herausgefunden, was hinter der Sache mit Lauras Wagen steckt?“ Sekundenlang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Ich freue mich, auch von dir zu hören Ich habe das bisher als dummen Streich eingeordnet. Gibt es irgendwelche Hinweise darauf, dass mehr dahinter stecken könnte?“ „Ich kümmere mich selbst darum …“ Mark trennte die Verbindung, überlegte kurz und wählte dann die nächste Nummer. *** Fassungslos starrte Sven auf sein Telefon, bevor er Dirk ansah. „Was ist mit Mark los? Ich glaube, ich bin hier im falschen Film.“ Ehe Dirk sich eine diplomatische Antwort überlegt hatte, klingelte das Handy von Jake. Dieser warf einen kurzen Blick aufs Display und stöhnte auf. „Na, dann bin ich jetzt wohl dran.“ Jake hörte kurz zu und deutliche Verwirrung zeigte sich auf seinem Gesicht. „Klar, mach ich. Aber, wieso …?“ Er verzog das Gesicht. „Vergiss, dass ich es gewagt habe, zu fragen, Captain.“ Anscheinend folgte noch ein weiterer Kommentar von Mark, denn Jakes Gesicht wirkte jetzt eisig. „Aye, Sir.“ Kaum hatte Jake sein Handy zurückgelegt, warf Dirk seinem eigenen einen misstrauischen Blick zu. „Also gut, wenn meins jetzt klingelt, gehe ich nicht ran. Ich denke, es reicht für den Moment, dass er sich mit euch Beiden angelegt hat. Worum ging es?“ „Ich soll veranlassen, dass Laura rund um die Uhr bewacht wird.“ Dirk versuchte in der Anweisung einen Sinn oder Zusammenhang zu ihrem Auftrag zu sehen, gab es aber schnell auf. „Warum?“ Mit einem spöttischen Grinsen hielt Jake ihm sein Handy hin. „Hier. Ruf ihn an und frag. Mir hat er es jedenfalls nicht verraten.“ *** Müdigkeit und Ärger über die Verschwiegenheit des eigenen Mannes waren keine gute Voraussetzung, um mit einem ebenfalls müden Kind einzukaufen. Genervt bückte Alex sich und hob das Paket Nudeln auf, das ihr Sohn aus den Einkaufswagen heraus geworfen hatte. „Tim, nun lass das endlich“, befahl sie gereizt und erreicht nur, dass ihr Sohn sie mit zitternder Unterlippe ansah. „Ich dachte, du hättest dich im Urlaub erholt?“ Alex erkannte die Stimme sofort und drehte sich lächelnd um. „Habe ich auch, aber diese dämliche Zeitverschiebung sollte man abschaffen und Männer gleich dazu. Wieso arbeitest du nicht?“ Lächelnd umarmte sie ihre Freundin Natascha Berg, die ihre Umarmung herzlich erwiderte und sie dann prüfend musterte. „Weil auch Staatsanwälte ein Recht auf Urlaub haben. Muss ich mir wegen dir und Dirk Sorgen machen? Ich habe schon überlegt, ob er ausziehen will.“ Erstaunt blinzelte Alex. „Wie kommst du auf die Idee? Nein, nur der normale Ärger.“ Tim streckte verlangend die Hände nach seiner Patentante aus, lächelnd erfüllte sie ihm den Wunsch und nahm ihn auf den Arm. „Dirk hat mich angerufen und das Haus von unsern Nachbarn gegenüber gemietet. Auf eine Begründung hat er verzichtet und war ziemlich kurz angebunden. Ich hatte ernsthaft überlegt, ob ihr habt Krach habt und er ausziehen will.“ Alex war so überrascht, dass sie tatenlos zusah, wie Tim trotz Nataschas Bemühungen, dies zu verhindern, nach einigen Packungen Nudeln in dem Regal griff und sie fröhlich lachend auf den Boden schmiss. „Er hat was?“ Schmunzelnd setzte Natascha Tim zurück in Einkaufwagen und machte sich daran, das Chaos zu beseitigen, das ihr Patensohn angerichtet hatte. „Und wann hat er das getan?“ Alex war so verblüfft, dass sie nicht einmal daran dachte, Natascha zu helfen. Mit gerunzelter Stirn blickte Natascha zu ihr auf. „Unsere Nachbarn sind für mindestens ein Jahr in Australien sind und haben keine Mieter für ihr Haus gefunden haben. Dirk hat mich angerufen, mich gebeten, den Kontakt herzustellen und ein gutes Wort für ihn einzulegen. Habe ich auch alles brav gemacht und es hat geklappt. Er hat das Haus bekommen, leider weiß ich nicht wofür und du anscheinend auch nicht. Aber ich will wissen, wer da jetzt wohnt und zwar schnell.“ Alex fischte eine kleine Tüte Gummibärchen aus ihrer Jackentasche und drückte sie ihrem Sohn in die Hand. „So, jetzt in aller Ruhe. Wieso funkelst du mich so wütend an und wann hat Dirk das gemacht? Heute Morgen?“ „Nein, vorgestern.“ „Vorgestern …“, wiederholte Alex nachdenklich, allmählich ahnte sie die Zusammenhänge. „Und wieso willst du wissen, wer da jetzt wohnt?“ Natascha verzog das Gesicht, als ob sie in eine Zitrone gebissen hätte. „Frag lieber nicht. Verrat mir lieber, wo Dirk vorgestern war. Du siehst aus, als ob du wüsstest, was da vor sich geht.“ „Wissen ist zuviel gesagt. Also? Wen oder was hast du gesehen?“ „Zur Straße hin stehen riesige Lebensbäume und versperren die Sicht fast vollkommen. Aber ich habe einen schwarzen Mercedes Kombi gesehen und wenig später hat mir ein Typ aus ungefähr zwei Meter Höhe freundlich zugenickt, aber kein Wort gesagt.“ „Zwei Meter? Ziemlich muskulös und kurze rotbraune Haare?“ „Du kennst ihn?“ „Ja, ich glaube schon, aber wieso hat der dich geärgert?“ „Nicht der, der andere. Wesentlich kleiner, blaue Augen und richtige rote Haare. Es ist noch keine Stunde her, dass der Kerl Joggen war und meinte, mich auslachen zu müssen. Lachen? Er schien vor unterdrücktem Lachen fast zusammen zu brechen. Ich will wissen, wer das ist!“ Obwohl Alex sich immer noch über ihren Mann und Mark ärgerte, musste sie über Nataschas beleidigte Miene lachen. „Ehe ich dir verrate, wer das ist, will ich wissen, warum er dich auslachen sollte.“ Nataschas Blick wurde mörderisch. „Wahrscheinlich hättest du auch gelacht. Ich war eine Runde Nordic Walken und er hat mich kurz vorm Ende überholt, sodass ich noch sehen konnte, dass er zu unseren neuen Nachbarn gehört.“ „Also ich verstehe ihn wirklich, die Vorstellung, wie du mit den Stöcken rumfuchtelst, ist herrlich. Ich kann Pat gut verstehen.“ „Wer ist der Kerl?“ Natascha betonte jedes Wort überdeutlich und sah aus, als wenn sie das Ganze kein bisschen komisch finden würde. „Ich schlage vor, wir trinken bei uns zuhause in Ruhe einen Kaffee, dann erzähle ich dir alles, was ich über Pat weiß und wer sein Boss ist. Das hier ist der falsche Ort dafür.“ Nataschas Ärger wurde von Verwirrung abgelöst, bis sie plötzlich nickte. „Mark, oder?“ „Richtig“, bestätigte Alex, da ihre Freundin den SEAL kannte und wusste, für wen er arbeitete. Alex schob den Einkaufswagen weiter und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. „Wir Frauen sind wirklich dämlich. Da warnen die Kerle mich für mit keinem Wort vor, dass die nächsten Tage oder Wochen unser Gäste- und Arbeitszimmer wahrscheinlich ständig belegt ist und ich habe nichts Besseres zu tun, als mir über unsere Cola- und Pizzavorräte Gedanken zu machen. Irgendwas stimmt mit uns Frauen nicht, ich sollte sie eher umbringen und zwar schön langsam, zumindest Dirk, Mark und Jake.“ „Stimmt, aber mit der Ankündigung fällt die Strafe zu hoch aus, das nennt sich Vorsatz und was hast du jetzt vor?“ „Pizza, Chips und Cola kaufen, was sonst“, knurrte Alex. Lachend nickte Natascha. „Dachte ich mir, aber eins noch: Wie heißt der Rothaarige?“ Nach einem schnellen Blick über die Schulter beugte sich Alex vor. „Chief Petty Officer Patrick O’Reilly, genannt Pat“, erklärte sie Natascha leise. Die Augen ihrer Freundin begannen rachsüchtig zu funkeln und Alex bekam Mitleid mit Pat. Diesmal hatte der Ire sich die falsche Frau zum Ärgern ausgesucht. „Dirk ist mit ihm halbwegs befreundet und ich mag ihn, also lass ihn bitte leben.“ *** Treffen Natascha & Pat Zufrieden blickte Natascha aus dem Fenster. Die Sonne strahlte mit dem blauen Himmel um die Wette und sie hatte noch über drei Stunden Zeit bis zu ihrem Gerichtstermin. Der ideale Tag, um noch etwas für die Fitness zu tun. Jetzt musste ihr nur noch dieser ‚Pat’ über den Weg laufen und ihre Stimmung wäre trotz der vor ihr liegenden langweiligen Gerichtsverhandlung gerettet. Sie war knapp einen Kilometer unterwegs, als sie schnelle Schritte hinter sich hörte. So viele Jogger nutzten diese Strecke über kleine Feldwege, entlang von Knicks nicht. Ein Blick über die Schulter verriet ihr, dass der Jogger unterwegs war, mit dem sie gerechnet hatte. Sie sah, wie sich seine Mundwinkel nach oben bogen und seine Augen sie frech anblitzten. Wie erwartet überholte er sie und hob im Vorbeilaufen lediglich grüßend die Hand, während alles an ihm sie auszulachen schien. Sie blieb stehen und holte tief Luft. „Was ist an meiner Sportart eigentlich so witzig, Chief Petty Officer O’Reilly?“, fuhr sie ihn auf Englisch in dem Ton an, den sie sonst für ihre Angeklagten reserviert hatte. Zufrieden sah sie, wie Pat aus dem Rhythmus kam und abrupt stehen blieb. Er drehte sich zu ihr um, jede Spur von Belustigung war aus seinem Gesicht verschwunden, stattdessen blickte er sie ausdruckslos an, während sie ihn jetzt spöttisch angrinste. Langsam kam er auf sie zu. „Wer sind Sie?“ „Jemand, der es nicht mag, ausgelacht zu werden.“ „Das ist keine Antwort. Woher wissen Sie, wer ich bin?“ „Ich habe Mittel und Wege, so etwas herauszufinden, Chief.“ Natascha genoss den Ausdruck von Ratlosigkeit auf seinem Gesicht. Anscheinend hatte er keine Ahnung, was er jetzt tun sollte. Sehr schön, so hatte sie sich das vorgestellt. Sie warf einen schnellen Blick zurück, um sicher zu gehen, dass sie weiterhin alleine waren. „Ein äußerst seltener Anblick: ein ratloser SEAL. Das gefällt mir, daran könnte ich mich gewöhnen. Da es aussieht, als ob Ihnen das Lachen vergangen wäre, sind wir jetzt quitt. Schönen Tag noch.“ Sie wollte an ihm vorbeigehen, aber er vertrat ihr den Weg und hielt sie am Arm fest. „Nicht so schnell, bevor ich nicht weiß, wer Sie sind und woher Sie meinen Namen kennen, gehen Sie nirgends hin.“ „Loslassen. Das wäre Freiheitsberaubung und ich glaube nicht, dass Mark es schätzen würde, wenn ich Sie ins Gefängnis bringe.“ „Mark?“ Nichts verriet, dass er den Namen kannte, aber wenigstens ließ er sie los. „Captain Mark Rawlins, US Navy SEALs und Ihr Boss. Ich dachte, sie würden seinen Namen kennen, Chief.” „Sie kenne ich jedenfalls nicht und die meisten, die von unserer Anwesenheit wissen, gehören nicht zu unseren Freunden. Also? Wer sind Sie?“ Allmählich begann Natascha sich unwohl zu fühlen, sie verstand seine Sorge und seufzte, als ihr bewusst wurde, dass der Spaß ein Ende hatte. „Dirk hat mich von Little Creek aus angerufen und ich habe Ihnen das Haus vermittelt, in dem Sie wohnen. Außerdem kenne ich Mark gut genug, um zu wissen, dass er ein SEAL ist und bin mit Dirk, Alex und Sven befreundet. Alex wusste sofort, wer sie sind, als ich mich bei ihr über einen rothaarigen Jogger beschwert habe, der vorübergehend im Haus gegenüber wohnt. Reicht das?“ Augenblicklich zeigte sich wieder Pats freches Grinsen. „Nein, der Name fehlt noch. Vergiss den Chief, Pat reicht.“ Lachend nahm Natascha ihre Stöcke in eine Hand und schlug in seine ausgestreckte Hand ein. „Natascha.“ „Die Retourkutsche ist dir gelungen. Aber du weißt schon, dass es ziemlich witzig aussieht, wie du hier herumläufst?“ „Kann schon sein, aber mir bringt es Spaß. Es kann ja nicht jeder durch die Gegend rennen, wie ihr das tut.“ „Dann lasse ich es eben heute etwas langsamer angehen. Lust auf Begleitung?“ „Aber immer.“ *** Einsatzplanung SEALs „Vermutlich wird die Hemmschwelle größer sein, zwei LKA- Mitarbeiter und einen SEAL umzulegen, als wenn du da alleine auftauchst, also spar dir die Diskussion, Mark.“ Pat erschien im Wohnzimmer, die roten Haare noch feucht vom Duschen und beendete die Diskussion wirkungsvoll. Obwohl der Ire Dirks letzte Worte bestimmt mitbekommen hatte, verkniff er sich ausnahmsweise einen Kommentar und setzte sich ruhig an sein eigenes Notebook. „Wir diskutieren das später. Rufst du Natascha an und fragst, wann sie Zeit für uns hat?“ Statt Dirk übernahm Pat die Antwort: „Die ist den Rest des Tages am Gericht.“ Ratlos sah Mark Pat an, der angeblich konzentriert auf seinen Bildschirm sah. „Und woher willst du das wissen, Pat?“ „Weil sie es mir gesagt hat.“ Offenbar hatte der Ire nicht vor, ihm zu verraten, wieso er Natascha kannte und über ihre Pläne Bescheid wusste, allmählich wünschte sich Mark einen Hindernisparcours direkt hinterm Haus. Der Gedanke hätte was. „Dann verschieben wir das eben auf heute Abend.“ „Müssen wir nicht, wir können ins Gericht fahren und Natascha ein Zeichen geben, sie kann jederzeit eine Verhandlungspause beantragen und wird schon wissen, dass wir dort nicht zum Spaß auftauchen“, wandte Dirk vor. „Gut, dann machen wir das so. Lass uns nach Hamburg fahren, aber nimm dein Notebook mit, falls sie irgendetwas genau wissen will.“ „Mark? Kann ich mitkommen? Hier liegt nichts weiter an.“ Mark ließ seinen Blick zwischen Pat und Dirk hin und herwandern. „Und mich freiwillig euren Sprüchen aussetzen? Ich muss verrückt sein, aber meinetwegen.“ Fox kehrte zurück und musterte sie der Reihe nach. „Schön, dass ihr euch anscheinend geeinigt habt. Eine Sache noch, Mark.“ Den formellen Gesichtsausdruck kannte er nur zu gut, übertrieben stöhnte Mark auf. „Was ist denn noch?“ „Nur fürs Protokoll und um Missverständnisse von vorneherein auszuschließen. Da Rage als Teamchef noch nicht wieder dabei ist, ist er kein Problem, aber Dell ist länger als Jake dabei. Wir brauchen eine klare Ansage von dir, dass Jake weiter das Kommando hat.“ „Blödsinn, das ist doch selbstverständlich“, mischte sich Dirk ein. Tief durchatmend verbarg Mark sein Grinsen. Die Gelegenheit war perfekt. „Ist es nicht, Dirk. Wenn zwei Teams zusammenarbeiten macht es manchmal durchaus Sinn, dass die Teamführung neu definiert wird In diesem Fall halte ich einiges davon, wenn nach mir der ranghöchste Offizier das Kommando übernimmt, zumal ich mich einige Zeit nicht direkt einschalten kann.“ Schlagartig war es so ruhig in dem Raum, dass das Surren von Marks Notebook bereits störend auffiel. Jakes Gesicht zeigte kurz einen undefinierbaren Ausdruck, bevor er seine Gefühle erfolgreich hinter einer neutralen Maske verbarg. Fox und Pat wirkten völlig fassungslos. „Das soll wohl ein Scherz sein. Spinnst du?“, fuhr Dirk ihn aufgebracht an. „Pass auf, wie du mit mir redest, Dirk.“ „Von wegen, du solltest dein Kommando wegen geistiger Umnachtung komplett an Jake übergeben, wenn du ernsthaft vorhast, diesen Dell Jake vorzuziehen“, schoss Dirk sofort zurück. „Dirk, lass es gut sein, ich kann damit leben“, bemühte sich Jake, Dirk zu beruhigen. „Ich aber nicht, Jake.“ Anscheinend hatte Mark bei Dirk einen Nerv getroffen, sein sonst eher ruhiger Freund sah aus, als ob er jeden Moment einen Wutanfall bekäme, der Svens in nichts nachstand. Mark bekam mittlerweile erhebliche Schwierigkeiten, seine gleichgültige Fassade aufrechtzuerhalten. „Geistige was? Hm, das ist heftig. Also, Dirk, wo genau ist dein Problem?“ Statt ihn wie erwartet anzubrüllen, wirkte Dirk plötzlich nachdenklich. „Ich hätte ein ziemliches Problem damit, wenn du Jake übergehst. Aber ich denke, das ist dir klar, oder?“ „Sicher.“ Mark ahnte, dass Dirk ihn durchschaut hatte oder zumindest ahnte, worauf es hinauslief, während Fox und Pat ihn weiter anstarrten und Jakes Miene absolut ausdruckslos blieb. „Mark? Ich hatte keine Ahnung, was ich mit meinem Hinweis anrichte. Ich wollte nur …“ Hilflos brach Fox ab und strich sich unsicher über die kurzen Haare. Mark grinste bei dem Anblick breit. Der Spaß hatte lange genug gedauert, aber er konnte nicht leugnen, dass er die Revanche für das vorige Verhalten seiner Männer und Freunde außerordentlich genossen hatte. „Keine Angst, Fox. Das Gespräch wäre sowieso fällig gewesen und ansonsten empfehle ich euch, richtig zuzuhören. Ich habe mit keinem Wort gesagt, dass Jake nicht das Kommando hat.“ Verständnislos sah Jake ihn an. „Was meinst du? Fox hat Recht, Dell ist länger als ich Lieutenant.“ „Das mag sein, wenn wir mitten im Einsatz sind, müssen die Formalitäten eben warten, aber auch wenn die Papiere und deine neuen Streifen noch in Little Creek liegen, bist du seit dem ersten April Lieutenant Commander. Glückwunsch, Commander.“ In Jakes Gesicht arbeitete es heftig, ehe er aufstand und in Marks ausgestreckte Hand einschlug. Immer noch ungläubig schüttelte er den Kopf. „Darf man als Commander seinen Captain ungestraft Scheißkerl nennen?“ „Wenn er es verdient hat schon. Ich denke, dies könnte hier der Fall sein.“ Jake setzte zu einem angetäuschten Boxhieb an, umarmte stattdessen Mark kurz aber fest. „Scheißkerl. Dein Sinn für Humor ist abartig.“ Pat schlug Jake kräftig auf die Schulter. „Scheiße und so was mitten im Einsatz. Dann feiern wir das eben hinterher.“ „Davon kannst du ausgehen“, schloss sich Fox an. Dann war Dirk an der Reihe und umarmte Jake ebenfalls. „Bin ich froh, dass ich Mark keine Vernunft einzuprügeln brauche. Einen Augenblick lang habe ich das fast befürchtet.“ *** Gerichtsszene Dirk ignorierte das Schild ‚Einsatzfahrzeuge’ und parkte direkt neben dem Gerichtsgebäude. Ehe er ausstieg, legte er einen Ausdruck mit der Aufschrift ‚LKA Hamburg’ und einem Wappen ins Fenster. Während sein Freund neugierig den dunkelblauen BMW auf dem nächsten Parkplatz musterte, besah sich Mark das Schild genauer. „Woher stammt das?“ „Aus Svens Computer. Hast du eine Vorstellung davon, wie die Parkplatzsituation in Hamburg aussieht? Da haben wir zur Selbsthilfe gegriffen und das klappt immer. Willst ausgerechnet du mir etwas über Regeln und Vorschriften erzählen?“ Dirk wartete keine Antwort ab, sondern deutete auf den Wagen, dessen Lack in der Sonne glänzte. „Dafür hat es sich gelohnt, den alten gegen den Baum zu setzen. Eine deutliche Verbesserung in allen Bereichen, alleine der Motor hat Einiges mehr zu bieten.“ Mark erkannte denselben Ausdruck hinter der Frontscheibe und ahnte, dass sie vor Svens neuem Fahrzeug standen, aber im Moment interessierte ihn das Gerichtsgebäude mehr. Der Altbau war beeindruckend, und Pat musterte bereits fasziniert die Erker, filigrane Figuren und gemauerte Vorsprünge. „Pat, wir sind hier nicht zum Sightseeing.“ „Schon klar, Mark. Aber das Ding hat was.“ „Wartet, bis ihr drinnen seid. Kein Vergleich zu dem tristen Bürogebäude, in dem die Staatsanwaltschaft untergebracht ist, oder einigen anderen Gerichten.“ Dirk hatte ihnen nicht zuviel versprochen, Pat blieb mitten im Foyer, das einer Halle glich, stehen und sah sich um. Gewundene Holztreppen führten in den ersten Stock, ein Kronleuchter hing von der mit Stuckelementen verzierten Decke, während facettenreiche Holzvertäfelungen an den Wänden das Bild perfekt abrundeten. „Genial, oder? Die alten Kaufleute in der Hansestadt wussten schon, wie man vernünftig lebt.“ Ein leiser Pfiff erklang, der nicht im Geringsten zur Respekt einflößenden Umgebung passte. An der Brüstung im ersten Stock stand Sven und winkte ihnen zu. „Schade, dass einige Besucher sich nicht angemessen benehmen können“, stellte Dirk lächelnd fest. Eigentlich hatte sich Dirks Kommentar auf Sven bezogen, aber im nächsten Moment, blickten sie überrascht nach oben. Ein junger Mann rempelte Sven im Vorbeilaufen so kräftig an, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte, und stürmte die Treppe herunter. Der Jugendliche war mit einer weißen Jacke zu einer weiten Tarnhose bekleidet, die ihm tief auf der Hüfte hing, eine dicke Kette an der die übergroße Nachahmung einer militärischen Erkennungsmarke hing baumelte in Bauchnabelhöhe. Während Pat ungläubig das Outfit betrachtete, erschien Natascha gefolgt von zwei uniformierten Polizisten an der Brüstung im ersten Stock. Die Staatsanwältin lehnte sich weit über das Geländer und winkte ihnen zu. „Haltet den Kerl auf.“ Der Flüchtende schien von ihrer Gegenwart nicht besonders beeindruckt zu sein. Da sie zwischen ihm und der Flügeltür standen, die nach draußen führte, nahm er sie notgedrungen zur Kenntnis. „Aus dem Weg!“, fuhr er sie an. Mark zuckte nur mit den Schultern. „Sicher. Pat, Dirk lasst ihn durch, er scheint es eilig zu haben.“ Grinsend traten Pat und Dirk so zur Seite, dass zwischen ihnen ein Durchgang entstand. „Na also.“ Kaum war der Mann auf einer Höhe mit Pat, streckte der SEAL ein Bein aus und der Mann landete völlig perplex bäuchlings auf dem Boden. „Schade, ich dachte, ich hätte das Vergnügen.“, stellte Dirk bedauernd fest und pfiff leise durch die Zähne, als der Mann sich hoch rappelte, ein Klappmesser aus der Hosentasche hervorzog und mit einer routinierten Bewegung öffnete. „Wollte Ihr Witzfiguren Ärger haben? Aus dem Weg jetzt. Sofort.“ Drohend schwenkte er das Messer durch die Luft. Mark runzelte die Stirn. „Hat er mich gerade Witzfigur genannt?“ Die Aufmerksamkeit des Mannes konzentrierte sich sofort auf ihn. „Hast du ein Problem damit?“ „Eigentlich nicht. Typen, wie du, können mich nicht beleidigen, aber meine Begleiter haben etwas dagegen, wie du mit mir sprichst. Du solltest lieber das Messer fallen lassen.“ „Und wieso sollte ich das tun?“ „Sieh dich doch um.“ Gehorsam befolgte der Mann seine Aufforderung und holte scharf Luft, als er sah, dass Dirk und Pat sich wieder zwischen ihm und dem Ausgang befanden und ihre Pistolen auf ihn gerichtet hielten. Er öffnete den Mund und vergaß ihn zu schließen. Dann schien er einen Ausweg entdeckt zu haben und wich einen vorsichtigen Schritt zurück, blieb aber wie angewurzelt stehen, als er mit dem Rücken gegen die Mündung von Svens Walther stieß. „Ich mag es nicht, wenn man mich anrempelt“, teilte ihm der LKA-Beamte freundlich mit. Das Messer weiterhin fest umklammert, drehte sich der Mann einmal langsam im Kreis, dann erinnerte er sich offenbar daran, dass Mark unbewaffnet war. Wieder schwenkte er das Messer in Marks Richtung und starrte dann ungläubig auf die Sig Sauer, die jetzt ebenfalls auch auf ihn gerichtet war. „Das ist nicht fair“, beschwerte er sich, woraufhin Dirk und Pat gleichzeitig zu lachen anfingen. „Wer seid ihr?“ Mark hob arrogant eine Augenbraue. „Witzfiguren?“ „Ich Ich wollte nur schnell …“ Der Mann geriet ins Stottern, blickte wild um sich und sank in sich zusammen als er bemerkte, dass sich jetzt auch Natascha und die Polizisten näherten, die das Schauspiel bisher aus sicherer Entfernung aber deutlich amüsiert verfolgt hatten. „Auf die Toilette?“, bot Pat dem Mann hilfreich an. „Oder vielleicht deine Freundin anrufen, dass du die nächsten Jahre keine Zeit für sie haben wirst?“ Dirk grinste den Mann freundlich an. „Oder vielleicht einen Benimmkurs belegen? Schluss jetzt, Messer fallen lassen, aber ein bisschen plötzlich, bevor ich die Geduld verliere.“ Entschieden machte Sven dem Theater ein Ende, was Pat und Dirk mit deutlichem Bedauern quittierten. Pat musterte ihn noch einmal von oben nach unten. „Ich möchte zu gerne wissen, warum er solche Klamotten trägt. Ich meine, ganz normal kann das doch nicht sein, oder?“ Während die Polizisten dem Mann Handschellen anlegten, zwinkerte Natascha Pat zu. „Was hast du gegen Tarnhose und Hundemarken, Pat?“ „Nichts, nur der Typ, der sie trägt, gefällt mir nicht.“ „Mir auch nicht, als ihm im Gerichtssaal klar geworden ist, wie wenig ich von ihm halte, ist er lieber abgehauen.“ Natascha war nicht entgangen, dass Mark reichlich irritiert zwischen ihr und Pat hin und herblickte. Ein amüsiertes Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie ihn begrüßte. „Hey, Mark, ausnahmsweise ratlos? Du weißt doch sonst alles.“ Wenigstens wirkte Sven ebenfalls verwirrt, lediglich Dirk schien nicht überrascht zu sein und wusste offensichtlich, woher die Beiden sich kannten. Nachdem die Polizisten sich für ihre Hilfe bedankt hatten und sich in dem Glauben verabschiedet hatten, dass sie alle zum LKA gehörten, führte Natascha sie in ein Zimmer im ersten Stock, in dem ein schlichter Tisch und einige Stühle standen. „Ich habe eine Unterbrechung von dreißig Minuten beantragt. Reicht das?“ „Das hängt von dir ab.“ Offensichtlich hatte Natascha seine Anspielung richtig gedeutet. „Du meinst, wie lange es dauert, bis ich tue, was du von mir willst? Du weißt hoffentlich noch, dass es so etwas wie Gesetze gibt.“ „Sicher.“ „Ich meine damit auch, dass man sich daran halten sollte.“ „Sicher.“ „Mark, wenn du jetzt noch deine Augenbraue hochziehst, dann …“ „Dann was? Steckst du mich ins Gefängnis? Ich dachte, das hatten wir schon.“ Schmunzelnd lenkte Natascha ein. „Danke für eure Hilfe gerade eben. Der arme Kerl. Ich hatte fast Mitleid mit ihm, dass er ausgerechnet euch in die Hände läuft. Das war filmreif, Pat.“ Langsam wurde Mark wirklich neugierig, was zwischen der Staatsanwältin und seinem Chief ablief. Dann wurde Natascha ernst. „Aber nun würde ich gerne wissen, worum es geht und setzt euch gefälligst hin, ich habe keine Lust die ganze Zeit zu euch aufzublicken, nur weil ihr ein paar Zentimeter größer seid.“ Lächelnd betrachtete Mark die Staatsanwältin, die sich einen der Stühle auf der anderen Seite des Tisches genommen hatte. Mit dem schwarzen Talar, aus dem lediglich ein weißer Blusenkragen hervorblitzte, zu einer schwarzen Jeans wirkte Natascha professionell und streng, obwohl ihre grünen Augen ihn freundlich anblickten und der offizielle Eindruck durch die zerzausten rotbraunen Locken gemindert wurde. Hoffentlich blieb das so, er hatte wenig Lust, mit ihr aneinander zu geraten. „Wenn ich dich so ansehe, wünschte ich mir fast, meine Uniform zu tragen.“ „Als ob du die brauchst. Was kann ich tun?“ „Ich brauche einen Durchsuchungsbeschluss für die Elbvilla von Konsul von Ehlersleben.“ Sekundenlang starrte Natascha ihn an, als ob er einen Scherz gemacht hätte, dann dämmerte es ihr, dass er es ernst meinte. „Wieso?“ „Wenn ich dir sämtliche Verbrechen aufzählen soll, für die er verantwortlich ist, reichen deine dreißig Minuten nicht. Ich versuche es mit der Kurzfassung: Er steckt hinter der Entwicklung, Produktion und des versuchten Vertriebs eines neuen Giftgases. Das Ganze wäre ein Millionengeschäft geworden, wenn wir ihm nicht dazwischen gekommen wären. Um das Ganze zu schützen, ist er über Leichen gegangen. Hinzukommt noch, dass er auf deutscher und amerikanischer Seite Leute in einflussreichen Positionen sitzen hat, sodass wir nicht ohne weiteres an ihn rankommen.“ „Kannst du deine Behauptungen beweisen?“ „Teilweise. Mit einem guten Anwalt würde er uns in der Luft zerreißen, für eine Anklageerhebung reicht es nicht. Ich will nur etwas in der Hand haben, um ihn dazu zu zwingen, mit mir zu reden.“ „Mark meint, mit uns zu reden. Wir, also Dirk und ich, wollen ihm einen Besuch abstatten und damit er uns nicht die Tür vor der Nase zuschlägt, brauchen wir den Durchsuchungsbeschluss. Und vielleicht sind wir bereit, Mark mitzunehmen“, ergänzte Sven und warf Mark einen drohenden Blick zu. „Mir wäre es auch neu, dass amerikanische Navy-Offiziere mit solchen Beschlüsse losziehen dürfen. Aber bevor ich irgendetwas unternehme, möchte ich ein paar Einzelheiten hören. Was habt ihr?“ Dirk schaltete sein Notebook ein und rief die Übersicht mit dem Firmengeflecht auf. „Wir haben eindeutige Beweise, dass die Firma VirTech für die Produktion des Giftzeugs verantwortlich ist und obwohl der Konsul versucht hat, seine Beteiligung zu verbergen, haben wir nachgewiesen, dass hohe Summen von der Firma an ihn gehen. Das Ganze ist gut gemacht, aber nicht gut genug.“ „Ist das alles?“ „Reicht das nicht?“ Dirk sah Natascha erstaunt an. „Für einen Durchsuchungsbeschluss schon, aber mir nicht. Haltet ihr mich für so naiv, dass ich euch abnehme, dass ihr nur mit dem Konsul reden wollt? Was habt ihr vor?“ Dirk verzog das Gesicht und Mark merkte deutlich, dass sein Freund Probleme hatte, seine freundliche Miene beizubehalten, rasch übernahm er selbst die Erklärung. „Lass uns erstmal bei der Frage bleiben, was wir gegen ihn für Beweise haben. Wir wussten, dass es in Little Creek und hier in Deutschland eine undichte Stelle gibt. Ehlersleben kennt meinen Namen und weiß, dass ich hier mit meinem Team im Einsatz bin, damit steht seine Verwicklung eindeutig fest. Er steht in Verbindung zu Kranz und steckt zumindest als Mitwisser hinter einem Mordanschlag auf den Sohn von Laura Kranz. Zusätzlich haben wir die Aussage eines seiner Männer, die sämtliche unserer Vermutungen bestätigt.“ „Was für ein Anschlag? Und was für ein Mann? Vor wem hat er ausgesagt? Wie hieß die Firma? VirTech? Das ist doch dieser Laden, der gerade in Ahrensburg in die Luft geflogen ist. Hast du etwa …?“ Obwohl er damit gerechnet hatte, dass Natascha nicht schnell nachgeben würde, gefiel ihm nicht, wie detailliert die Staatsanwältin nachfragte. Ihm war nur zu bewusst, wie dicht sie sich an der Grenze der Legalität bewegt hatten. Nun ja, eigentlich hatten sie die Grenze bereits überschritten. Ehe er sich entschieden hatte, übernahm Sven die Antwort: „Mark hat mit der Fabrik nichts zu tun. Ein Auftragskiller war auf den Jungen von Laura angesetzt, Mark ist dazwischen gegangen, hat einiges abbekommen und lag zu dem Zeitpunkt noch im Krankenhaus und ...“ Erschrocken unterbrach Natascha Sven. „Wie geht es dir?“ „Gut genug, um die Sache zu Ende zu bringen. Ausruhen kann ich mich später. Wie sieht es aus? Was willst du noch wissen?“ „Ich habe mich noch nicht entschieden. Was ist mit dem Mann, der für den Konsul gearbeitet hat?“ Wieder übernahm Sven die Antwort. „Er hat seine Aussage vor mir, Dirk, Mark und Jake gemacht, ich denke, dass reicht. Wir haben ihn laufen gelassen.“ „Ihr habt … was?“ „Wieso nicht? Er hat uns geholfen, einige entscheidende Hinweise geliefert und rechtzeitig aufgehört, ehe er eine gravierende Straftat beging.“ Mark hatte Mühe, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten, als Sven Brownings Taten dermaßen beiläufig abtat. Natascha ließ ihren Blick misstrauisch zwischen ihnen hin und herwandern. „Das Ganze läuft doch wieder darauf hinaus, dass ihr denkt, das Gesetz gilt für euch nicht und ihr könnt hier Cowboy und Indianer spielen.“